Perdita Lübbe-Scheuermann (Jahrgang 1965) ist durch die Tierärztekammer Schleswig-Holstein zertifizierte Hundetrainerin und Hundeverhaltensberaterin, außerdem Coaching-Expertin und Fach(buch)autorin.
1994 gründete sie die Hunde-Akademie Perdita Lübbe in Darmstadt. Ihr Motto lautet „für ein harmonisches Miteinander von Mensch und Hund“. Ein Schwerpunkt bildet hierbei vor allem die (feine) Kommunikation zwischen Mensch und Hund. Fertige Patentrezepte lehnt sie ab. Ihre Erziehungsangebote sind auf die Einzigartigkeit individueller Persönlichkeiten ausgerichtet.
Nun beschäftige ich mich inzwischen zig Jahre mit der Hundeerziehung und habe so manche Strömung mitbekommen und selbst einige Entwicklungen erlebt. Hunde zu beobachten und ihr Verhalten und ihre Beweggründe zu verstehen, das liegt mir sehr am Herzen. Glücklicherweise sind wir in Sachen Hundeerziehung heute um viele Schritte voran gekommen.
Aber auch die andere Seite wird zunehmend intensiver betrachtet: Der Hundehalter – wie geht er generell durchs Leben (z.B. guter Dinge oder eher besorgt?), wie sieht er seine Hunde und welche Rolle spielen sie für ihn, wie groß ist sein Interesse, eine harmonische Beziehung zu haben und für Erziehung, aber auch für Spaß und Wohlempfinden seiner Hunde zu sorgen? Hunde bringen ihren Charakter mit, jedoch spielt letztendlich in Hinblick darauf, wie sich Hunde verhalten, der Mensch eine große Rolle – sein Auftreten und seine Stimmungen. Ich empfinde es als einen sehr großen Fortschritt, dass im Hundetraining zunehmend ins Detail geschaut wird und sowohl der Hund als auch der Mensch genau unter die Lupe genommen werden.
Mal abgesehen davon, dass ich die Rudelstellungstheorie trotz großer Erfahrung nicht nachvollziehen bzw. bestätigen kann, bleibt für mich die Frage offen: Welche Rolle spielt hierbei der Mensch? Bei allem, was ich mitbekommen habe, geht es ausschließlich um Hunde. Allerdings Hunde, die ja irgendwo wohnen, sich auf ihre jeweiligen Lebensbedingungen einstellen und unter Einflussnahme des Hundehalters stehen. Zudem gelten gerade Hunde als äußerst anpassungsfähige Tiere. Das Einordnen in Schubladen bzgl. ihrer Stellung wird meiner Meinung nach ihrem komplexen Verhalten nicht gerecht.
Viele kleine Details fallen im Sinne der Rudelstellungstheorie völlig hinten runter. Aus meiner Sicht ein großer Rückschritt – auf Kosten von Hunden und ihrer Halter.
Perdita Lübbe-Scheuermann, Hunde-Akademie Perdita Lübbe, www.hundeakademie.de
„Viele kleine Details fallen im Sinne der Rudelstellungstheorie völlig hinten runter. Aus meiner Sicht ein großer Rückschritt – auf Kosten von Hunden und ihrer Halter.“
Hier würde mich interessieren, was genau gemeint ist. Interessanter Artikel. Danke.
„Das Einordnen in Schubladen bzgl. ihrer Stellung wird meiner Meinung nach ihrem komplexen Verhalten nicht gerecht.“
Ich empfinde das als totale Herabwürdigung gegenüber Hunden, die doch viel empathischer, sozialer und anpassungsfähiger als Menschen sind, sei es „nur“ zwecks Überleben.
Da viele Menschen heute keine Tageszeitung mehr lesen, sondern sich die multimedialen Mittel als “ Informanten“ zu eigen machen, kein Wunder. Sich mit sich selbst, seinem eigenen Verhalten , oder gar mit dem Lesen der Körpersprache seines Tieres auseinandersetzen zu müssen, ist anstrengend. Und wenn man dann eine Patenlösung vorgesetzt bekommt, ist das Leben eben leichter. Wissenschaftlich fundierte Tatsachen werden ignoriert oder angefeindet. Diese Strömungen werden konsumiert und das wirklich Wichtige, das einzigartige Team Mensch und Hund wird ignoriert und zerstört.